Arbeitszufriedenheit

Relevanz des Konstruktes Arbeitszufriedenheit

01

„Die Literatur zur Arbeitszufriedenheit ist unüberschaubar.“

Zapf (1991, S. 231)


02

„Nur wenige Konzepte der Organisations-psychologie haben zu derart nachhaltigen Forschungsbemühungen geführt, wie das der Arbeitszufriedenheit“

v. Rosenstiel, Molt & Rüttinger (1995, S. 238)


03

„Heiliger Gral der Organisations-psychologie“

Judge, Thoresen, Bono & Patton (2001, S. 376)


04

„… there are many inconsistencies in the results testing these models (and in the ways the models have been tested) …“

Judge, Thoresen, Bono & Patton (2001, S. 388)


Unterzieht man die Kritik an bisherigen empirischen Erhebungen zur Arbeitszufriedenheit einem Resümee (vgl. z. B. Dormann & Zapf, 2001; Fischer, 2006; Fischer & Gros, 2006; Jugde et al., 2001), so zeigt sich ein deutlicher Bedarf an vergleichbaren Daten, die mit standardisierten Erhebungsverfahren, basierend auf modellgestützten Hypothesen, erhoben werden.

Lösungsansatz


Der im Folgenden skizzierte Lösungsansatz basiert auf dem Zürcher Modell von Bruggemann, welches eines der am meisten beachteten und diskutierten Modelle in der Arbeitszufriedenheitsforschung ist (z. B. Bruggemann, 1976; Baumgartner & Udris, 2006). Das Modell wurde von Büssing erweitert und empirisch gestützt (z. B. Büssing, 1992). Beim Zürcher Modell handelt es sich um ein Prozessmodell, dass die Entstehung und Veränderung von Arbeitszufriedenheit erklären kann. In der Erweiterung, dem Zurcher Model Revisited, werden die vielen Vorteile dieses Modells aufgegriffen und durch Modifikationen und Ergänzungen vervielfältigt (Ferreira, 2020).

Zürcher Modell

Bruggemann et al. entwickelten 1975 das Zürcher Modell. Die Abbildung zeigt die Formen der Arbeitszufriedenheit des Zürcher Modells (Eigene Darstellung in Anlehnung an Bruggemann et al., 1975, S. 134). Das Copyright liegt bei Ferreira (2020)

Kernaussagen

Zürcher Modell


» Die Arbeitssituation wird mit den individuellen Bedürfnissen und Erwartungen abgewogen

» Bei Übereinstimmung folgt Stabilisierende Zufriedenheit

» Bei Nicht-Übereinstimmung folgt Diffuse Unzufriedenheit

» Dies führt zur Erhöhung, Aufrechterhaltung oder Senkung des Anspruchniveaus gemäß dem
  Grundsatz der Homöostase

» Wird bei Diffuser Unzufriedenheit das Anspruchsniveau aufrechterhalten, kann es zu
   Problemlösungsverhalten kommen

» Das Ergebnis dieser Prozesse sind sechs Arbeitszufriedenheitstypen




Zürcher Modell Erweiterung

Büssing erweiterte das Zürcher Modell (Büssing, 1991). Das folgende Bild zeigt die Erweiterung durch die Kernvariable Kontrollwahrnehmung (Eigene Darstellung in Anlehnung an Büssing, 1991). Das Copyright der Abbildung liegt bei Ferreira (2020).

Kernaussagen

Zürcher Modell Erweiterung


» Modell von Bruggemann weitestgehend übernommen

» Die zweite Kernvariable "Kontrollwahrnehmung" wird aufgenommen

» Kontrolle als wichtiges angeborenes Motiv kann wahrgenommen werden oder nicht


Zurich Model Revisited

Das Zurich Model Revisited sieht vor, dass alle Kernvariablen frei kombiniert werden können und erhält dadurch nicht nur sechs sondern 36 theoretisch mögliche Arbeitszufriedenheitstypen (Eigene Darstellung in Anlehnung an Ferreira, 2009). Das Copyright der Abbildung liegt bei Ferreira (2020).

Kernaussagen

Zurich Model Revisited


» Es gibt nicht nur negativ diskrepanten Soll-Istwert-Vergleich sondern auch einen positiv diskrepanten»

» Alle Kernvariablen können in ihren Ausprägungen frei kombiniert werden

» Jeder Arbeitszufriedenheitstyp hat eine einmalige, für diesen Typ aussagekräftige Kombination der
   Kernvariablen

» Die Pseudo-Arbeitszufriedenheit entfällt, da diese als pathologisch anzusehen ist



Die sich aus dem Zurich Model Revisited ergebenen Arbeitszufriedenheitstypen und deren Ausprägungen in den Kernvariablen zeigt die folgende Abbildung.

Entwicklung des Fragebogens zur Erhebung von Arbeits-zufriedenheitstypen FEAT


Folgt man diesen theoretischen Überlegungen, müssen die einzelnen Kernvariablen getrennt voneinander erhoben werden, nicht wie bisher kombiniert in Items. Nur so erhält man statistisch die Möglichkeit, die 36 theoretisch definierten Arbeitszufriedenheitstypen nachzuweisen. Ein weiterer Vorteil dieser Art der Erhebung ist es, dass die häufig sehr verschachtelten Fragen (zum Beispiel des Arbeitszufriedenheitskurzfragebogens, vgl. hierzu Neuberger & Allerbeck, 1978) einfachen Formulierungen weichen können.

Ein besonders vielversprechender Aspekt der Erhebung der einzelnen Kernvariablen ist darin zu sehen, dass eine Veränderung der Arbeitszufriedenheitstypen de facto auf die Ausprägungen der Kernvariablen zurückzuführen ist.



Um einen entsprechenden Fragebogen erstellen zu können, war es erforderlich, die einzelnen Kernvariablen definitorisch festzulegen, um eine notwendige Konstruktvalidität zu erreichen. Die Vorgehensweise wird beschrieben in Ferreira (2009, 2020).

Das Ergebnis dieser Überlegungen ist der Fragebogen zur Erhebung von Arbeitszufriedenheitstypen FEAT.




Weiter zum FEAT

Erwähnte und weitere interessante Literatur


Bitte schreiben Sie mich nicht an, um Ihnen Literatur zu schicken. Sollten Universitätsbibliotheken Ihnen nicht helfen können, dann können Sie es bei Subito versuchen.






Baumgartner, C. & Udris, I. (2006). Das „Zürcher Modell“ der Arbeitszufriedenheit – 30 Jahre „still going strong“. In L. Fischer, (Hrsg): Konzepte und empirische Befunde (S. 111-134). Hogrefe.

 

Bruggemann, A. (1974). Zur Unterscheidung verschiedener Formen von „Arbeitszufriedenheit“. In: Arbeit und Leistung, 11, 281-284.

 

Bruggemann, A. (1976). Zur empirischen Untersuchung verschiedener Formen von Arbeitszufriedenheit. Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 30, 71-74.

 

Bruggemann, A., Groskurth, P. & Ulich, E. (1975). Arbeitszufriedenheit. Huber.

 

Büssing, A. (1988). Kontrollmotivation und Tätigkeit. Theoretische Überlegungen zu einem tätigkeitspsychologischen Konzept der Kontrollmotivation unter besonderer Berücksichtigung der Arbeitstätigkeit. Forschungsberichte aus dem Fachbereich Psychologie der Universität Osnabrück Nr. 63. Selbstverlag der Universität Osnabrück.

 

Büssing, A. (1992). A dynamic view of job satisfaction. Work & Stress, 6, 239-259.

 

Büssing, A. & Bissels, T. (1996). Wie kommt pflegerisches Wissen zum Handeln? Lehrstuhl für Psychologie der TU München. 27. Forschungsbericht.

 

Büssing, A. & Bissels, T. (1998). Different forms of work satisfaction: Concept and qualitative research. European Psychologist, 3, 209-218.

 

Büssing, A., Bissels, T., Fuchs, V. & Perrar, K.-M. (1999). A dynamic model of work satisfaction: Qualitative approaches. Human Relations, 52, 999-1028.

 

Büssing, A., Bissels, T. & Krüsken, J. (1997). Die Untersuchung von Arbeitszufriedenheitsformen und Tätigkeitsspielräumen an einer computergestützten Laborstudie: Methodenentwicklung. Lehrstuhl für Psychologie der TU München. 40. Forschungsbericht.

 

Büssing, A., Herbig, B., Bissels, T. & Krüsken, J. (2006). Formen der Arbeitszufriedenheit und Handlungsqualität in Arbeits- und Nicht-Arbeitskontexten. In L. Fischer, (Hrsg): Arbeitszufriedenheit (S. 135-159). Hogrefe.

 

Dormann, C. & Zapf, D. (2001). Job satisfaction – A meta-analysis of stabilities. Journal of Organizational Behavior 22, 483-504.

 

Fellmann, U. (1980). Zur Differenzierung qualitativ unterschiedlicher Formen der Arbeitszufriedenheit. Validierungsstudie zum Arbeitszufriedenheitskonzept von Bruggemann. Unveröffentlichte Lizentiatsarbeit.  Eidgenössische Technische Hochschule, Lehrstuhl für Arbeits- und Betriebspsychologie

 

Ferreira, Y. (2001). Auswahl flexibler Arbeitszeitmodelle und ihre Auswirkungen auf die Arbeitszufriedenheit. Ergon GmbH.

 

Ferreira, Y. (2006). Arbeitszufriedenheit als Indikator arbeitswissenschaftlicher und –psychologischer Gestaltungspotenziale anlässlich des 52. Kongresses der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft (GfA), 411-414

 

Ferreira, Y. (2009). FEAT - Fragebogen zur Erhebung von Arbeitszufriedenheitstypen. Zukunftsperspektive für das Zürcher Modell. Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 53 (4), S. 177 – 193.Ferreira, Y., Suelzenbrueck, S. & Sauer, S. (2017). Zurich Model Revisited – Validation of the model of different forms of work satisfaction. Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 71(3), 157-168Ferreira, Y. (2020). Arbeitszufriedenheit. Grundlagen, Anwendungsfelder, Relevanz. Kohlhammer.

 

Fischer, L. (1989). Strukturen der Arbeitszufriedenheit. Zur Analyse individueller Bezugssysteme. Hogrefe

 

Fischer, L. (Hrsg.) (2006). Arbeitszufriedenheit: Konzepte und empirische Befunde. Hogrefe.

 

Fischer, L. & Fischer, O. (2005). Arbeitszufriedenheit: Neue Stärke und alte Risiken eines zentralen Konzepts der Organisationspsychologie. Wirtschaftspsychologie, 7, 5-20.

 

Fischer, L. & Gros, W. (Hrsg.) (2006). Wirtschaftspsychologie. Sonderheft „Arbeitszufriedenheit“ (7. Jahrgang, I.2005). Pabst Publishers.

 

Gawellek, U. (1987). Erkenntnisstand, Probleme und praktischer Nutzen der Arbeitszufriedenheitsforschung. Diss. Univ. Erlangen Nürnberg 1986; Peter Lang.

 

Judge, T. A., Thoresen, C. J., Bono, J. E. & Patton, G. K. (2001). The job satisfaction – job  performance relationship: A qualitative and quantitative review. Psychological Bulletin, 127, 376-407.

 

Neuberger, O. (1974). Theorien der Arbeitszufriedenheit. Kohlhammer.

 

Neuberger, O. (1976). Der Arbeits-Beschreibungs-Bogen. Ein Verfahren zur Messung von Arbeitszufriedenheit. Arbeiten zur Organisationspsychologie aus der Abt. für Organisations- und Wirtschaftspsychologie des Instituts für Psychologie der Universität München und der Fachgruppe Psychologie der Universität Augsburg. Problem und Entscheidung, 15. Augsburg: Blasaditsch.

 

Neuberger, O. & Allerbeck, M. (1978). Messung und Analyse von Arbeitszufriedenheit: Erfahrungen mit dem "Arbeitsbeschreibungsbogen (ABB)". Schriften zur Arbeitspsychologie 26. Huber.

 

Rosenstiel, L. von, Molt, W. & Rüttinger, B. (1995). Organisationspsychologie. Grundriss der Psychologie. (8. Auflage). Kohlhammer.

 

Zapf, D. (1991). Arbeit und Wohlbefinden. In A. Abele & P. Becker (Hrsg.), Wohlbefinden. Theorie - Empirie - Diagnostik (S. 227-244). Juventa-Verlag.

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